Methoden der Jenseitsforschung – Beat Imhof

von Administrator

Sind metaphysische, feinstoffliche, „übernatürliche“ Phänomene wissenschaftlich nicht zu erforschen und zu beweisen? Nun, das kommt auf den Wissenschaftsbegriff an. Beat Imhof beschreibt hier die verschiedenen Möglichkeiten der Erforschung von Jenseitserscheinungen.

Von Beat Imhof

 

1. Die Wissenschaft vom Jenseits

Das Wissen um das Jenseits ist heute nicht mehr nur eine Angelegenheit des Glaubens, sondern auch der wissenschaftlichen Forschung. Glauben und Wissenschaft können und sollen sich gegenseitig ergänzen, gemäß einem Wort von Albert Einstein: „Glaube ohne Wissenschaft ist blind; Wissenschaft ohne Glaube ist lahm.“

 

1.1 Vom Wesen einer Wissenschaft

Zum Wesen einer Wissenschaft gehört, dass sie ein klar abgegrenztes Forschungsgebiet mit geeigneten Methoden bearbeitet. Sie besitzt ihr eigenes Material- und Formalobjekt. Unter Materialobjekt verstehen wir den Gegenstand, mit dem sie sich befasst. Das Formalobjekt ist der besondere Gesichtspunkt, unter dem sie ihr Forschungsobjekt betrachtet. Im Fall unserer Jenseitswissenschaft ist das Materialobjekt die menschliche Seele. Zu ihrem Formalobjekt gehören die Phänomene, welche in den Bereich psychischer Grenzerfahrungen und spiritueller Jenseitserlebnisse gehören und die Frage aufwerfen, ob diese auf ein Weiterleben der Seele nach dem Tode hinweisen. Bis ins 19. Jahrhundert war dies ein Interessensgebiet der philosophischen Psychologie und Theologie. Im Zuge der europäischen Aufklärung machte sich dieser Wissenszweig in zunehmendem Maße frei von Doktrinen, Dogmen und religiösen Traditionen. Nicht mehr der Glaube galt als Quelle der Wahrheit, sondern wissenschaftliche Erkenntnisse. Diese sind vor rund 150 Jahren unter der Bezeichnung Parapsychologie zu einer eigenständigen Wissenschaft geworden.

 

1.2 Die wissenschaftliche Parapsychologie

Das Wort Parapsychologie wird durch die griechischen Wörter para (über, hinaus, neben), psyche (Seele) und logos (Lehre) gebildet. Parapsychologie ist demnach die Lehre von der Seele, die sich mit Phänomenen außerhalb der psychologischen Erklärungsmöglichkeiten befasst. Sie erforscht also seelische Erlebnisse, die in den Umkreis von Grenzerfahrungen gehören. Es handelt sich um Geschehnisse, die nicht als normale Sinneserfahrungen zu erklären sind, nämlich Hellsehen, Wahrträume, Telepathie und Telekinese. Diese werden unter den Begriff „Außersinnliche Wahrnehmungen“ (ASW) zusammengefasst. Außerdem handelt es sich um Ereignisse, die als Einwirkungen außerirdischer und überirdischer Intelligenzen gedeutet werden, etwa mediale Botschaften aus dem Jenseits, Materialisationen oder das Erscheinen von Verstorbenen. Mit diesem Wissensgebiet befasst sich die heutige Jenseitspsychologie.

 

1.3 Das animistische und das spiritistische Erklärungsmodell

Um derartige außerordentliche Erscheinungen wissenschaftlich zu erforschen, bieten sich uns zwei unterschiedliche Erklärungsmodelle an: Der Animismus (lat. anima Seele, seelische Energie) und der Spiritismus, oft auch Spiritualismus genannt (lat. spiritus Geist). Der animistische Erklärungsversuch deutet parapsychische Vorkommnisse als Wirkungen aus dem Unbewussten der Seele. Ein Vertreter diese Auffassung war in seinen früheren Jahren C. G. Jung. Für ihn waren Geistererscheinungen zunächst rein psychische Äußerungen, die ihre Begründung im Unbewussten haben. So schrieb er aufgrund seiner Erfahrungen mit seinen psychotischen Patienten: „Sogar die Geister sind zunächst psychische Phänomene, die ihre Begründung im Unbewussten haben.“ Demgegenüber versucht der Spiritismus, außergewöhnliche und übernatürliche Vorfälle jenseitigen Verursachern zuzuschreiben. Heute bezeichnet man den Spiritismus als jenen Bereich der Jenseitskunde, der sich mit dem persönlichen Weiterleben des Menschen nach dem Tod, mit der Erforschung jenseitiger Zustände und mit der Kontaktnahme mit jenseitigen Wesenheiten befasst. Während jahrzehntelang das animistische Erklärungsmodell unter dem Einfluss einer materialistischen Weltanschauung im Vordergrund stand, weil deren Verfechter ein persönliches Weiterleben nach dem Tod für zweifelhaft oder gar undenkbar hielten, gewinnt heute das spiritistische Deutungsmodell unter dem Einfluss des spiritualistischen Welt- und Menschenbildes immer mehr an Zustimmung.

 

1.4 Das Prinzip der Einfachheit

Nach dem Einfachheitsprinzip soll das Unbekannte soweit als möglich auf bekannte Tatsachen zurückgeführt werden. Hierzu ein Beispiel: In einer herrschaftlichen Villa versammelten sich nach dem Übergang einer betagten Frau, die zur Familie gehörte, die Angehörigen, um an der Beerdigung teilzunehmen. Während diese ungeduldig und angespannt auf die Autos warteten, ereignete sich plötzlich in dem schwarzlackierten Flügel, der im Salon stand, ein heftiger Knall. Die Jüngeren der Wartenden versuchten, den Grund hierfür im Inneren des Instrumentes zu suchen, so etwa in Materialspannungen, verursacht durch Temperaturschwankungen im Raum, ausgelöst durch die Unruhe der anwesenden Personen. Sie vertraten also die animistische Erklärungsweise und hielten das Ereignis für ein typisches Exteriorisationsphänomen. Da meldete sich eine ältere Dame zu Wort. Sie gab sich als Schwester der Verstorbenen zu erkennen, mit der sie jahrelang in Unfrieden gelebt hatte, weil beide dieses Musikinstrument aus dem Erbgut ihrer Eltern beanspruchten. Sie deutete das fragliche Geräusch als Signal ihrer Schwester aus dem Jenseits, die ihr sagen wollte: „Behalte jetzt dieses Möbel; ich benötige es hier nicht mehr!“

Hier kommt nun das Prinzip der Einfachheit zur Anwendung, das vom englischen Theologen Wilhelm von Ockham (1285-1349) in die philosophische Denkmethode eingeführt wurde. Sein Grundsatz lautet: „Eine Begründung darf nicht über das notwendige Maß hinaus erweitert werden.“ Oder: „Erklärungen sollen nicht ohne Notwendigkeit ausgeweitet werden.“ Oder: „Was als natürlich verstanden werden kann, bedarf keiner übernatürlichen Erklärung.“ Auf unser Beispiel angewandt, müsste dies heißen: Die animistische Annahme hat so lange zu gelten, als diese genügt, um das erwähnte Ereignis natürlich zu erklären. Erst wenn diese nicht mehr befriedigt, kann eine erweiterte spiritistische Deutung hinzugezogen werden. Im Einzelfall dürfte es oft schwierig sein, sich ausschließlich für die eine oder andere Möglichkeit zu entscheiden.

Die animistische Hypothese ist vorzuziehen bei jenen Vorgängen, die mit Hellsehen, Wahrträumen, Telepathie und Telekinese zu tun haben. Dagegen gewinnt bei medialen Jenseitsbotschaften, bei Erscheinungen von Verstorbenen und bei echten Visionen und Materialisationen die spiritistische Begründung an Bedeutung.

 

1.5 Methoden der Jenseitsforschung

Der Weg (gr. methodos), auf dem eine Wissenschaft zu ihren Forschungsergebnissen kommt, nennen wir Methode. Diesem gezielten Vorgehen dient ein zweifacher Pfad: Der deduktive und der induktive. Auf dem deduktiven Weg (lat. deducere ableiten) wird das Einzelne vom Allgemeinen abgeleitet, nämlich von Begriffen, Ideen und Gesetzmäßigkeiten, wie dies bei den Geisteswissenschaften üblich ist. Dabei besteht die Gefahr, dass man wichtige Einzelheiten übersieht oder vernachlässigt und dabei am Leben vorbei spekuliert. Daher lässt Goethe in seinem „Faust“ den Mephistopheles spotten: „Ein Kerl, der spekuliert, / Ist wie ein Tier auf dürrer Heide. / Von einem bösen Geist im Kreis herumge??hrt, / Und rings umher liegt schöne grüne Weide.“

Der induktive Weg (lat. inducere hinführen) leitet uns vom Einzelfall auf das Allgemeine hin. So lässt sich aus der Tatsache, dass erfahrungsgemäß alle Gegenstände zur Erde und nicht gegen den Himmel fallen, auf eine allgemeine Gesetzmäßigkeit schließen, welche die Naturwissenschaften Schwerkraft oder Gravitation nennen. Das Gefährliche bei diesem Vorgehen ist, dass wir am Ende den Teil für das Ganze halten und so vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen. Dieses spezialisierende Denken verhöhnte der Schweizer Astronom Fritz Zwicky mit den Worten: „Ein Spezialist ist ein Mensch, der von immer weniger immer mehr und vom Ganzen nichts versteht.“

Was nun die parapsychologische Forschung betrifft, hat auch sie ihre eigene Methode. Diese entspricht grundsätzlich der naturwissenschaftlichen Vorgehensweise, nämlich der Selbst- und Fremdbeobachtung, der Befragung von Einzelpersonen, der statistischen Sammlung von Einzelerfahrungen und der kontrollierbaren Versuchsanordnungen im Experiment. Es geht dabei um die Sichtung von Spontanberichten paranormaler Erlebnisse und um außersinnliche Wahrnehmungen. In der Jenseitsforschung handelt es sich vor allem um spiritistische Phänomene wie Nahtoderfahrungen, außerkörperliche Zustände, Geistererscheinungen und Jenseitsbotschaften. Eine spezielle Methode ist die Vergleichende Jenseitsforschung. Zu diesem Zweck werden zahlreiche Jenseitsbeschreibungen aus unterschiedlichen Quellen miteinander verglichen, ähnlich wie Geographen ihre Landkarten aufgrund von verschiedenen Reiseberichten erstellen.

Eine weitere wichtige Methode der Jenseitserforschung ist die Arbeit mit Medien. Als Medium bezeichnen wir eine Person, die aufgrund einer speziellen Veranlagung oft schon in früher Kindheit zu paranormalen Erlebnissen neigt. Durch mediale Schulung kann diese Begabung bei entsprechender Selbstkontrolle gefördert werden. Medien sind zu vergleichen mit einem Radio- oder Fernsehempfänger, welcher hochfrequente Botschaften in sicht- und hörbare Informationen umsetzt. Animistische Medien sind Sensitive, die zu außersinnlichen Wahrnehmungen fähig sind. Dem gegenüber sind spiritistische Medien in der Lage, im Zustand der Trance einen Teil ihrer Lebensenergie jenseitigen Wesenheiten zur Verfügung zu stellen, damit sich diese für kurze Zeit in unserer Diesseitswelt durch direkte Stimme, durch direkte Schrift, durch Fernbewegungen oder sogar durch Teil- und Vollmaterialisationen kundtun können. Berühmte Trance-Medien, welche vor allem im 19. und 20. Jahrhundert
die wissenschaftliche Jenseitsforschung ermöglichten, waren der Schotte Daniel Douglas Home (1833-1886), die Italienerin Eusepia Paladino (1854-1918), die beiden Engländerinnen Elisabeth Espérance (1855-1919) und Florence Cook (1856-1904), die Amerikanerin Leonore Evelina S. Piper (1859-1950) oder die Gebrüder Willi Schneider (1903-1971) und Rudi Schneider (1908-1957) aus Österreich. Arthur Ford (1896-1971) war wohl das bekannteste Medium der Gegenwart.

Echte Medien zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich selbstlos in den Dienst ihrer Mitmenschen stellen, eine religiöse Haltung und Gesinnung haben, sich bescheiden und ehrlich verhalten und zur Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Jenseitsforschern bereit sind, die sie oft rigorosen Kontrollen unterziehen. Arthur Brunner, der während dreißig Jahren die medialen Gottesdienste mit seiner Frau Beatrice als Trance-Medium in der Geistigen Loge Zürich organisierte, schreibt hierzu: „Jede Berührung mit dem Übersinnlichen bedarf eines klaren Kopfes; alle, die nicht im Gleichgewicht ihrer Geistkräfte sind, sollten die Hände davon lassen. Denn dazu braucht es Bescheidenheit und eine gesunde Kritik, frei von aller Überschwänglichkeit… Vor allem muss das eigene Ich zurückgestellt werden.“

Die Tatsache, dass die meisten der medial empfangenen Jenseitskundgaben aus niederen Sphären stammen und daher wenig aussagekräftig sind, hängt einerseits mit dem geistigen Niveau des Mediums zusammen und andererseits mit dem niederen Entwicklungsstand der jenseitigen Berichterstatter. Außerdem besteht bei medialen Jenseitskontakten die Gefahr von Betrug und Schwindel entweder durch ein unfähiges Medium selbst oder durch dämonische Lug- und Truggeister aus der jenseitigen Welt. Auf der Astralebene sind auch Wesen am Werk, die es darauf abgesehen haben, die Menschen in die Irre zu führen. Daher erfordert die Arbeit mit Medien eine strenge Kontrolle und eine harmonische Einstimmung der Sitzungsteilnehmer durch Gebet und Gesang.

Aus eigener Erfahrung warnt das Medium Jane Sherwood vor zweierlei Gefahren. „Zum einen gibt es erdgebundene Geister, die auf Unheil sinnen, Kontakte mit den Jenseitigen stören wollen und alles daransetzen, die Menschen irrezuführen und Mitteilungen zu verfälschen. Die zweite Gefahr kommt von innen, nämlich aus dem Unbewussten des Mediums selbst, das sich unkontrolliert den eigenen Erwartungen, Gefühlen und Ängsten ausliefert.“

Eva Herrmann, die als Medium oft diktierte Botschaften von niederen Geistwesen empfing, bekennt: „Sehr bald aber musste ich entdecken, dass es Lügen waren, die ich bebenden Herzens Tag und Nacht zu Papier brachte. Und nicht nur das! Die mich nach einer so vernichtenden Entdeckung mit liebevollen Worten zu trösten versuchten, brachen plötzlich in ein höllisches Hohngelächter aus und entpuppten sich ebenfalls als Dämonen.“

Auszug aus „Wie auf Erden so im Himmel“ mit freundlicher Genehmigung des Aquamarin Verlags.

 

Buch zum Thema:

 

 

Beat Imhof: „Wie auf Erden so im Himmel. Wie das Leben als Mensch das Leben im Jenseits bestimmt“
Gebundene Ausgabe: 512 Seiten
Verlag: Aquamarin Verlag 2012
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3894276003

 

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1 Kommentar

Frank Arbol N. 14. Dezember 2017 - 17:58

Ja, das Einfachheitsmodell ist schon echt verführerisch. Es hat uns ermöglicht, Naturgesetze zu entdecken. Nun hindert es uns daran, das deterministische Chaos zu entschlüsseln. Die Komplexität der Ereignisse, die zu Synchronizitäten führt lässt sich zwar auch “einfach” als “Zufall” erklären, aber führt uns das wirklich weiter?
Auch in meinem Aufsatz versuche ich, dem auf den Grund zu gehen …. aber “einfach” ist das nicht.
https://tinyurl.com/IMU-Zufall-01

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