Viele Wege wird eine strenge Einhaltung von Disziplinen, Übungen, Opfer und Askese (z.B. Fasten, sexuelle Abstinenz) gefordert bzw. als notwendige Voraussetzung für eine spirituelle Entwicklung erachtet. Bei einigen Wegen, z.B. auch im normalerweise lebensbejahenden → Schamanismus, dienen Rückzug und Askese für eine bestimmte Zeit als notwendige Voraussetzung für die Konzentration auf den Weg und die Öffnung der inneren → Wahrnehmung. Wenn diese Zeit um ist, wird die Askese wieder fallen gelassen.
Die Übung der Enthaltsamkeit und ein gelegentlicher Rückzug in die Stille kann für viele Menschen, die sonst im Trubel des Arbeits- und Familienlebens stehen, eine gute Voraussetzung für die innere Sammlung sein. Ob jemand den Weg dauerhafter Askese einschlagen will, bestimmt ganz allein die eigene Einsicht oder das Gefühl der Notwendigkeit. Die asketische Vorstellung von christl. → Heiligen, die allen „Versuchungen des → Teufels“ widerstehen und die für viele mit „echter“ Spiritualität und entsprechenden Moralvorstellungen verbunden ist, ist jedoch ebenso kulturbedingt wie viele Vorstellungen anderer Glaubenssysteme.
Andere Wege integrieren den Alltag und die menschlichen Eigenarten in ihren Übungsweg (→ Karma-Yoga). Darüber hinaus gibt es Übungswege, die die Sexualität explizit einbeziehen, sogar darauf aufbauen, wie der chines. → Tao-Yoga oder das → Tantra. Spirituelle Entwicklung durch ein umfangreiches und komplexes Übungssystem unter Nutzung der sexuellen Energien kann für Sucher, die sich mehr zu dieser Lebensart als spirituellem Weg hingezogen fühlen, zu denselben Ergebnissen wie sinnliche Deprivation oder Askese führen.
Vielen Menschen fällt es schwer, aus ihren kulturellen Prägungen auszubrechen und einen Weg einzuschlagen, der ihnen möglicherweise größere Freiheit bringt als die Einhaltung strenger und vielleicht sogar moralischer Regeln. Das sollte jeder Sucher selbst herausfinden und entscheiden. Dieses Lexikon kann ihm eine solche Entscheidung nicht abnehmen, sondern stellt alle Wege pluralistisch und gleichberechtigt nebeneinander – gerade um die Vielfalt und die Unterschiede der Wege in einer größeren Zusammenschau aufzuzeigen.
Manche Lehren verkünden auch, dass Homosexualität keine spirituelle Entwicklung ermöglichen würde. Diese Ansicht entbehrt jedoch jeglicher Grundlage und stammt zum größten Teil aus unbelegten Interpretationen heiliger Schriften sowie aus der Moralvorstellung einiger Religionen bzw. davon geprägter Gesellschaften. Wie widersprüchlich eine religionsbedingte gesellschaftliche Moral sein kann, zeigt sich z.B. in islamischen Ländern, in denen trotz des Verbots der Homosexualität diese vielerorts u. a. mit Minderjährigen praktiziert wird. Jeder Mensch verfügt über das Potenzial zur Entwicklung, ungeachtet seiner sexuellen Neigungen, und wenn er mit bewusster Absicht seinen Weg geht, wird er seine mögliche Vervollkommnung finden.
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