Spiritismus

von Lexikon

Umfasst die Gesamtheit der Erscheinungen, Handlungen und Lehren, die sich aus dem Kontakt zwischen Lebenden („Verkörperten“) und Wesen anderer Dimensionen („Unverkörperten“) ergeben.
Das Phänomen ist natürlich nicht neu. Die Heiligen und Büßer verschiedener Religionen hatten himmlische → Visionen, glaubten, → Geister zu sehen und mit Geistern und den Seelen der Verstorbenen verkehren zu können. Die Literatur füllt Bibliotheken. Unter den Geistersehern der neueren Zeit ragt schwedischen Emanuel Swedenborg (1688-1772) heraus, der in regem Austausch mit dem deutschen Philosophen Immanuel Kant (1724-1804) stand. Eine Vorläuferin der modernen spiritistischen Medien ist Friederike Hauffe (1801-1829), bei der bereits alle Phänomene auftraten, die für die späteren spiritistischen Medien charakteristisch waren – darunter Bewegung von Gegenständen ohne sichtbare Ursache, Töne unbekannten Ursprungs, Auftreten von Phantomen. Der Arzt Justinus Kerner (1786-1862), der diese Phänomene beobachtete, schrieb das Buch „Die Seherin von Prevorst“ über sie.
1848 erregte in Hydesville bei New York der Fall der Familie Fox Aufsehen, bei dem in Gegenwart der jugendlichen Kathie Fox Klopflaute an den Wänden, in den Tischen usw. ertönten. Die Horrorfilmindustrie zehrt heute noch davon. Interessant ist, dass der Klopfgeist behauptete – nachdem eine Verständigung über die Buchstaben des Alphabets gelang (→ Ouija-Board) –, er sei der Geist eines im Hause ermordeten und im Keller begrabenen Hausierers, Charles Raye. Man fand tatsächlich das Skelett an der angegebenen Stelle; außerdem ließ sich nachweisen, dass tatsächlich früher ein solcher Hausierer das Haus besucht hatte und seit dieser Zeit spurlos verschwunden war.
Der Spiritismus wurde in den darauf folgenden Jahrzehnten immer mehr zu einem regelrechten Religionssystem, das seine Lehren hauptsächlich auf den Verkehr mit den Verstorbenen gründet. Die Spiritisten glauben, dass man sich unter Mitwirkung der psychophysischen Kräfte besonders veranlagter Persönlichkeiten, der so genannten Medien (heute „Channels“), mit den Geistern der Verstorbenen in Verbindung setzen könne und durch diese Näheres über die Anderswelt und das Schicksal der Toten erfahre.
Eine weitere Linie des Spiritismus, der dem heutigen → Channeling gleicht, ist der so genannte Offenbarungsspiritismus. Die bekanntesten Channels dieser Art waren im 19. Jh. Hippolyt Rivail (1803-1869), der unter dem Pseudonym Allan Kardec verschiedene Werke veröffentlichte und der den Begriff „Spiritismus“ für Europa prägte (in Amerika hieß es spiritualism); der Amerikaner Jackson Davis (1826-1919), der sich in seiner „Philosophie des geistigen Verkehrs“ Swedenborgs These von der Geisterwelt anschließt. Die Begründerin der → Theosophischen Gesellschaft, Helena → Blavatsky, selbst ein Medium, wurde schließlich zur Vorläuferin der heutigen Channeling-Bewegung. In Deutschland wurde Carl Du Prel (1839-1899) zur theoretischen Leitfigur des Spiritismus. Siehe auch → Channeling.

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