Nisargadatta Maharaj, Sri (1897-1981)
Bedeutender Lehrer der Advaita-Vedanta-Richtung (→ Vedanta) des mythischen Satgurus Dattatreya. → Dattatreya wird seit den ältesten Puranas (→ Brahmanismus) als geistiger Vater vieler spiritueller Richtungen angesehen.
Nach einem „bürgerlichen“ Leben als Buchhalter machte ihn 1931 ein Freund, Yashvantrao Baagkar, mit dessen spirituellem Lehrer bekannt, Sri Siddharameshvar Maharaj. Dieser gab ihm ein Mantra und Anweisungen für die Meditation. Er befolgte diese, und schon bald geriet er in Zustände erweiterten Bewusstseins. Vor allem lehrte ihn dieser spirituelle Lehrer die zum Jnana-Yoga zählende Praxis des neti-neti („Ich bin nicht dies, ich bin nicht das“), die er von nun an, in vollem Vertrauen auf seinen Meister, unablässig übte.
Bei dieser Technik, die auf die Lehren Yajnavalkyas (um 600 v.u.Z.) in der Brihadaranyaka-Upanischad (→ Upanischaden) zurückgeht, werden alle Einzelerscheinungen der Welt als sekundäre, nur relative Überdeckungen → Brahmans zurückgewiesen, um auf diese Weise zum Gewahrsein ihres Hintergrundes, des reinen Bewusstseins, vorzudringen. 1934 gelang es ihm auf diese Weise, Selbstverwirklichung zu erlangen und die spirituelle Befreiung (moksha) zu erreichen. Von nun an nannte er sich Nisargadatta.
Seine neue Erfahrung beschrieb er folgendermaßen: „Freude und Leid verloren ihre Macht über mich. Ich war frei von Verlangen und Ängsten … Ich erlebe keine Angst oder Gier, Hass oder Wut.“ – „Ich erkannte mich als vollständig, dass mir nichts fehlte … Ich bin dieser unendliche Ozean des Bewusstseins. … Es gibt nichts, von dem ich mich getrennt fühle.“ Gleichzeitig erlebte er sich als „überpersönlich“: „Die Körper-Verstand-Einheit kümmert sich um sich selbst und lässt mich in Ruhe. So wie Sie sich nicht um ihren Haarwuchs kümmern, so brauche ich mich nicht um Worte oder Taten zu kümmern. Sie geschehen einfach und lassen mich unberührt“ (Nisargadatta)
Nisargadatta vermochte es nun, aus der Stille des Geistes heraus spontan zu handeln. Die Tiefe seiner Verwirklichung, die nicht alle spirituell erwachten Menschen erreichen, zeigte sich unter anderem darin, dass sein Selbst-Gewahrsein auch im Traum und sogar im Tiefschlaf erhalten blieb. Zugleich war er von einer tiefen Liebe zum Leben erfüllt: „Und über allem war unendliche Zuneigung, Liebe, dunkel und still, nach allen Seiten ausstrahlend, alles einschließend. Sie macht alles interessant, schön, wichtig und vielversprechend. … Sind Sie einmal in diesem Zustand, werden Sie herausfinden, dass Sie lieben, was Sie sehen, egal, was es ist. Diese allumfassende Liebe ist der Prüfstein des Gewahrseins.“ (Nisargadatta)
Einige Jahre später verließ Nisargadatta Familie und Geschäft und zog als → Sadhu (Bettelmönch) in den Himalaya. Nach nicht allzu langer Zeit kehrte er nach Bombay zu seiner Familie zurück und arbeitete wieder in seinem Beruf. Gleichzeitig wirkte er nun als spiritueller Lehrer und wurde zunehmend von Menschen aus aller Welt aufgesucht. Man beschrieb ihn so: „Er ist barmherzig und liebevoll, witzig und humorvoll, vollkommen angstfrei und vollkommen wahrhaftig, inspirierend, anleitend und unterstützend für jeden, der zu ihm kommt“. Zu seinen Schülern gehörten Maurice Frydman, Mullar Patan und Ramesh → Balsekar. Shri Nisargadatta Maharaj starb im Jahre 1981 in Bombay an Krebs. Seine Erfahrungen wurden in Gesprächsform aufgezeichnet; sie sind auf Deutsch unter dem Titel „Ich bin“ erschienen.