Editor’s Corner II: Die Sache mit der Esoterik

von Redaktion

Ein Kommentar von Thomas Schmelzer

Ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Wenn man einen Referenten oder bekannten Autoren, der sich mit esoterischen Themen beschäftigt, fragt, ob er seine Arbeit in die Rubrik „Esoterik“ einordnen würde, bestreiten dies garantiert 95% der Befragten. Nein, sie machen keine profane Esoterik, sondern: Lebenshilfe, spirituelle Wegbegleitung, Hilfe bei der Sinnsuche, Psychotherapie, alternative Medizin, feinenergetische Heilbehandlung, Quantenheilung, Arbeit mit Neuem Bewusstsein, ganzheitlichem Denken, usw.

Warum ist das so? Ganz klar: Esoterik hat in Deutschland einen ganz schlechten Ruf. Und gerne wird nur das abschätzig als Esoterik bezeichnet, was nicht ernst zu nehmen, nicht beweisbar ist. Auch Buchverlage tun sich da manchmal schwer. Nur wenige benutzen dieses Wort – werden aber trotzdem von außen als klar esoterisch gesehen.

Der Gebrauch des Wortes in der Gesellschaft ist recht diffus. Im Grunde fallen da alle religiösen Wege darunter, die nicht von den traditionellen Religionen abgedeckt sind, sowie Kommunikation und Methoden, die mit nicht fassbaren, also nicht materiellen Energien, Dingen, Wesen, etc. zu tun haben. Die Grenzen sind fließend: Bestimmte Wissenschaftsbereiche wie Philosophie oder Quantenphysik reichen in dieses Feld hinein, aber auch Homöopathie oder unsere Gefühlswelt ist für manche schon „esoterisch“. Je nachdem, wie eng dies definiert wird, spricht man dann von einem Anteil in der Bevölkerung von höchstens 12 bis mindestens 25 Prozent (Stichwort „Kulturell Kreative“).
Ursprünglich aber bedeutete Esoterik nichts Anderes als der Weg nach innen (aus dem Griechischen, „esoteros“, das Innere, Verborgene). Und es stand für „Geheimwissen“, das nur wenigen zur Verfügung stand – oder von wenigen überhaupt verstanden werden konnte. So gab es im Westen schon bald „Geheimwissenschaften“. Sie existieren noch heute und sehen sich – selbstverständlich – als nicht esoterisch…
Die Esoterik lieferte immer auch neue Lebensvisionen oder kritisierte herrschende Meinungen – ein weiterer Grund, weswegen sie gerne von Meinungsmachern diffamiert wird. Esoterik verbindet und sucht Synthesen zwischen eigentlich getrennten Bereichen wie Wissenschaft und Spiritualität. Selbstverständlich wird jeder der Wissenschaftler in diesem Bereich sagen, er mache nur Wissenschaft, aber keine Esoterik. Ausnahmen gibt es zum Glück immer häufiger. So spricht Dieter Broers heute offen über seinen Weg als Wissenschaftler, aber auch als spirituell Suchender.
Auch das Cosmic Cine Filmfestival, das im April und Mai 2011 in vier Städten Deutschlands stattfand, wurde von der Mainstream-Presse kaum wahrgenommen, da esoterisch. Tatsächlich aber liefen dort innovative, spannende, berührende Filme, die sich wohl mit seelischen, aber auch gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und politischen Themen beschäftigen (Zum Glück wird dieses Event fortgeführt).
Ist Esoterik nur subjektive, innere, nicht messbare Erfahrungswelt – und die Wissenschaft objektiv? Spätestens seit der Quantenphysik wissen wir, dass solche Unterteilung nicht möglich ist. Ein Mensch auf dem spirituellen Weg kann durchaus wissenschaftlich-empirisch eigene Erfahrungen sammeln, sie mit denen anderer und mit spirituellen Texten vergleichen und dadurch zu klaren Erkenntnissen über die Funktion seines Geistes kommen. Der Dalai Lama bezeichnet deswegen den Buddhismus gerne als „Wissenschaft des Geistes“.
Gut, der Buddhismus ist natürlich auch keine Esoterik. … Oder?

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