Aufgrund unserer körperlichen Existenz in einem dreidimensionalen Raum und einer fließenden Zeit ist es schwierig, dieses Konzept auch nur annähernd zu verstehen. Unsere normalen Wahrnehmungs- und Erkenntnisraster sind dafür nicht geeignet, unsere Begrifflichkeit von Zeit und Raum ist nicht auf die Vorstellung eines Bewusstseinsfeldes zu übertragen.
Die Übernahme von Seelenbegriffen aus anderen Kulturen ist problematisch, weil es nicht nur unterschiedlichste Vorstellungen von → „Seele“ gibt, sondern auch kulturbedingt unterschiedliche Auffassungen davon, was eine Seelenreise und eine Seelenrückholung ist.
In einigen schamanischen Kulturen spielt der Traum eine besondere Rolle in diesem Zusammenhang. Es gibt verschiedene Stufen der Seelenbewegung im Traum (Klaus E. Müller 2004). Dasselbe Konzept gilt auch für veränderte → Bewusstseinszustände durch andere Mittel. Seelenreisen waren auch für Schamanen nicht unproblematisch. Unkundige oder Ungeübte konnten in die Irre gehen, den Rückweg verfehlen oder von → Geistern abgefangen werden. Doch dies geschah seltener, als man angesichts vieler „übel gesonnener“ Geister annehmen könnte. Denn in der Auffassung dieser schamanischen Kulturen bleibt die Seele bei ihrer Reise immer noch mit dem Körper durch strahlenförmige Fäden verbunden.
Die Vorstellung, die durch schamanische Kulturen in das westliche Denken einfloss, dass Seelen in anderen Wirklichkeiten oder im Bewusstseinsfeld „verloren gehen“ könnten und daher zurückgeholt werden müssten, ähnelt in gewisser Hinsicht der so genannten → Reinkarnationstherapie. Bei dieser Idee handelt es sich vermutlich darum, dass die individuelle Seele bei ihrer Traumreise oder insbesondere, wenn eine Entfernung der Seele durch einen Schock ausgelöst wird, sie (die Seele) in der ungewohnten Geisterwelt beschädigt oder krank gemacht sein könnte, wieder zurückgebracht und geheilt werden muss. Dieser Gedanke entspricht unserer westlichen Psychotherapie, nur dass durch die Erweiterung der Vorstellung auf andere Bewusstseinswelten eine seelische Krankheit nicht nur eine psychologische Komponente hat, die mit psychosomatischen Funktionen verknüpft ist (→ Bewusstsein).
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