Veränderter Bewusstseinszustand. Die Trance kann durch eine Anzahl von Techniken hervorgerufen werden, die das Bewusstsein von der äußeren Welt der Sinne in die innere Welt versetzt. Im Erleben ist die Welt der Geister außerhalb – es handelt sich um parallele Welten: die der gewöhnlichen und die der „anderen“ Wirklichkeit. Schlaflosigkeit, Entzug der Sinnesreize, Fasten, Atemübungen oder die Einnahme psychoaktiver Pflanzen können einen solchen Trancezustand auslösen. Eine häufige gebrauchte Methode zur Veränderung der Bewusstseinslage wird in Form eines Rituals angewandt, das aus Körperhaltung oder Tanz und rhythmischer Anregung besteht, die zu einer Überreizung des Gehörs führt.
Zur Methode der „ekstatischen Trance“ (→ Ekstase) nach Dr. Felicitas Goodman wurden bisher mehrere neurophysiologische Untersuchungen durchgeführt. Dabei stellte man fest, dass die Neurotransmitter, die bei Stress auftreten, wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol, abnahmen, das Gehirn aber gleichzeitig Beta-Endorphine, die körpereigenen Opiate, freisetzte. Endorphine wirken normalerweise schmerzstillend, sind aber auch für intensive Freude und Erregung bzw. Euphorie verantwortlich. Die begleitenden EEG-Messungen zeigten Thetawellen (4-7 Hz) an, während der Puls stark erhöht war und der Blutdruck gleichzeitig fiel.
Die Trancezustände, die Dr. Felicitas Goodman untersucht hat, beruhen auf ihrer Entdeckung alter schamanischer Körperhaltungen, die auf Felszeichnungen oder als Statuen zu finden sind. Die rituelle Körperhaltung „funktioniert“ indes nur in Verbindung mit einem relativ gleichmäßigen Rassel- oder Trommelrhythmus (ca. drei bis vier Schläge in der Sekunde, ca. 210 in der Minute), der die Trance hervorruft.
Schamanen benutzen auch die Trommel oder Rassel, die für sie jedoch mehr das „Vehikel“ für die Reise ist als eine tatsächliche Induktion. Bei nepalesischen Schamaninnen und Schamanen (→ Schamanismus, Nepal) wechselt der Rhythmus des Trommelns immer wieder. Geübte Schamanen können sich dank langjähriger Übung direkt – meist mit Hilfe eines → Mantras – in eine andere Bewusstseinsebene begeben.
Ob sich die Messungen bei einer Trance-Induktion durch Tanz oder andere Bewegungen in Verbindung mit Rhythmen (z.B. Technotrance-Musik) unterscheiden, ist bisher noch nicht untersucht worden. Dr. Goodman und ihre Mitarbeiter haben inzwischen ca. 70 Körperhaltungen erforscht, die unterschiedliche innere Erfahrungen hervorrufen. Es gibt Haltungen, welche die Selbstheilungskräfte aktivieren, Haltungen, die für eine schamanische Reise in die Unterwelt geeignet sind, Wahrsagehaltungen, Verwandlungshaltungen usw. Es ist üblich, sich eine halbe Stunde Zeit für die Arbeit mit einer Haltung zu nehmen. Mit einiger Übung führen die Haltungen zu ekstatischen Körpergefühlen, denn die → Vision, die der Übende in diesem Zustand hat und bei der alle Sinne beteiligt sind, bildet das ekstatische Erlebnis in der Trance. Auch wenn diese Haltungen in Ruhe ausgeführt werden, entstehen im Gegensatz zur → Meditation innere Erregungszustände: die Ekstase.
Ein offenbar wichtiger Faktor, um in einen Trancezustand zu gelangen, ist die Überreizung des Gehörs, die durch lautes, monotones Trommeln, Rasseln, gemeinsames Rezitieren von → Mantras und Phonemen, das monotone Singen von hl. Texten (→ mantrische Gesänge), Händeklatschen und beim → Tanz oder einer Bewegung auch das Stampfen der Tänzer herbeigeführt wird. Ein weiterer Aspekt der rituellen Trance ist die Atmosphäre, in der die Zeremonie stattfindet. Dabei sind Gruppenerregung, Erwartung, religiöse Überzeugung und andere Faktoren von Bedeutung.
Bei einer anderen wissenschaftlichen Untersuchung wurde die direkte Wirkung akustischer Reize auf das Gehirn untersucht. Es zeigte sich, „dass die Empfänglichkeit für rhythmische Reizeinwirkung durch Stress und Stoffwechselstörungen (Hypoglykämie, Erschöpfung usw., die man alle als Bestandteil des schamanischen Rituals wiederfindet) erhöht wird. Der Forscher kam zu der Ansicht, dass akustische Reize, die mit 4-7 Schwingungen pro Sekunde auftreten, für die rituelle Arbeit am geeignetsten wären, da sie die in den temporalen Hörregionen der Hirnrinde vorkommenden Thetarhythmen anregen.“ (Jean Achterberg 1990, 63)
Trance-Erfahrungen sind durch bestimmte Charakteristika gekennzeichnet, die sich von denen der Meditationserfahrung unterscheiden. Im → Zazen und anderen yogischen Meditationen maß man überwiegend Alphawellen, während in einer sehr tiefen Meditation auch Deltawellen vorkommen. In der Trance treten vorwiegend Thetawellen und in bestimmten Gehirnarealen auch Deltawellen auf. Alpha bezeichnet eine wache Entspannung, während Theta einen Halbschlafzustand anzeigt, der allerdings auch ein kreativer, visionärer Zustand sein kann. Das Problem der EEG-Messung ist allerdings, dass die gemessenen Rhythmen „nur das Klappern einer Schreibmaschine“ anzeigen und nichts über psychische Vorgänge aussagen. „Im Falle der durch Biofeedback bewussten Herbeiführung eines Theta-Rhythmus ergab sich das merkwürdige zwiespältige Phänomen, dass der Yogi wach war und alles aus der Umwelt wahrnahm, aber somatisch ‚schlief’, d.h. nicht in der Lage war, sich zu rühren oder zu sprechen“, bemerkt Dietrich Ebert, der umfangreiche Forschungen zu den physiologischen Aspekten des Yoga durchführte (1989, 103).
Wenn wir uns an die Erscheinungsformen der Trance halten, können wir deutlich sehen, dass Trance-Zustände immer eine innere Erregung hervorrufen. Zu spezifischen Merkmalen der schamanischen Reise in einer Trance zählt meistens eine → außerkörperliche Erfahrung, die zumindest als solche erlebt wird. Möglicherweise kommt diese Empfindung dadurch zustande, weil das Energiefeld des Schamanen sich kurze Zeit vom physischen Körper dissozieren muss, um tiefer in die Welten des → Bewusstseins einzudringen. Allerdings bleibt durch die körperliche Aktivität – Körperbewegung, Körperhaltung und Trommeln – immer eine körperliche Verbindung gewahrt. Weitere Kennzeichen sind, dass die Sinne selten ausgeschaltet, sondern intensiv am Erlebnis beteiligt sind. Geübte Trance-Reisende haben auch die Fähigkeit, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Die Konzentration ist fließend und nicht unbeweglich wie bei der Meditation.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Trance Welten öffnet, die dem Bewusstsein sonst nicht zugänglich sind. Ihr Ziel ist jedoch nicht der Rückzug in einen Bewusstseinszustand der ungeteilten Wahrnehmung, sondern vielmehr die visionäre Erfahrung anderer Welten (→ Schamanismus, → Bewusstseinszustände). Am ehesten kann man die Trance-Erfahrung mit der → Vipassana-Erfahrung vergleichen – mit dem Unterschied, dass die Vipassana-Erfahrung ein fein differenziertes Gewahrsein der Außenwelt entwickelt, während bei einer Trance-Erfahrung die Innenwelt in ihrer Vielfalt bewusst erlebt wird.
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