Crowley, Aleister

von Lexikon

Crowley, Aleister (1875-1947)

Crowley war einer der bekanntesten europäischen „Magier“ des 20. Jh. (→ Magie). 1898 schloss er sich dem Orden des Golden Dawn an, der unter der Leitung von Gregor Mathers stand. Während eines Aufenthalts in Kairo 1904 empfing er eine „Offenbarung“ von Aiwaz, einem Abgesandten des ägyptischen Gottes Ra-Hoor-Khuit.
In seinem „Buch der Gesetze“ („Liber al vel legis“) sind diese mediumistischen „Offenbarungen“ (→ Channeling) zusammengefasst. Die alten Religionen und die herrschende Moral sind darin beseitigt. Von nun an gilt: Jeder Mann und jede Frau sind ein Stern, und: „Tu, was Du willst, sei das ganze Gesetz. Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen.“ Mit diesem so genannten Gesetz von Thelema (griech. „Wille“) ist selbstverständlich nicht gemeint, dass jeder nach egoistischen Maßgaben handelt, sondern seinen inneren Willen, den es zu wecken gilt, ausübt. Gleichzeitig wird die Handlung ja dadurch relativiert, dass jeder Mensch ein Stern ist, mit dem ein anderer Stern nicht kollidieren soll. Mit seinen Anhängern gründete Crowley 1920 in Cefalù auf Sizilien die Abtei Thelema, wo er das Gesetz von Thelema, die neue Religion verkündete.
Ein Leitfaden für seine praktische Arbeit war für Crowley stets die → Kabbala, speziell die Gematria (die auch von den → Freimaurern gepflegt wird). Mit Hilfe der zahlenmystischen Analyse (→ Zahlen, Zahlenmystik) kann der Magier die in der Trance geschauten Symbole, Namen, Codeworte und Formeln genau einordnen. Damit erkennt er, mit welcher Kraft er es zu tun hat. Crowley benutzte meistens Frauen als spiritistische Medien (→ Channeling), um seine Erkenntnisse zu überprüfen.
Da Crowley auch ein ausgesprochener Liebhaber des weiblichen Geschlechts war und sadomasochistische Neigungen hatte, lag es nahe, dass er auch sexualmagische Riten durchführte, die heute durch das → Tantra weit verbreitet sind. Denn die sexuelle → Trance kann wie → psychoaktive Substanzen durchaus einen Zugang zu einem anderen Bewusstsein öffnen. Schon Anfang des 20. Jh. experimentierte Crowley deshalb auch mit psychoaktiven Substanzen, die damals noch legal waren. Kokain, Haschisch, Peyote benutze er als Vehikel zur Erfahrung anderer Wirklichkeiten. Insofern ist er auch Wegbereiter der psychedelischen Bewegung der 1960er-Jahre. Ans Heroin geriet er wegen seines Asthmas, da es Anfang der Zwanzigerjahre noch als wirkungsvollstes „Heilmittel“ galt. Als er weder mit Magie noch Disziplin seine Abhängigkeit in den Griff bekam, suchte er 1922 Hilfe in Fontainebleau bei Paris, wo G.I. → Gurdjieff eine „Schule für die Harmonische Entwicklung des Menschen“ leitete; Gurdjieff war dafür bekannt, dass er Drogenabhängigen helfen konnte. Indes, Crowley blieb nicht lange dort, vermutlich gemäß dem Sufi-Sprichwort, das besagt, dass zehn Derwische unter einer Decke schlafen können, aber keine zwei Meister in einem Haus.
Skandalträchtige und spektakuläre Aktionen brachten ihn und seine Gruppe immer wieder in Verruf, sodass er auf Anordnung Mussolinis die Abtei Thelema auf Sizilien verlassen musste. 1944 entwickelte er zusammen mit der Künstlerin Frieda Harris in Anlehnung an die Symbolik des O.T.O einen → Tarot-Kartensatz, der sich heute großer Beliebtheit erfreut.

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