Levi, Eliphas (1810-1875)
Mit bürgerlichem Namen Alphonse-Louis Constant. Er war in Frankreich einer der gelehrtesten und meistzitierten Okkultisten (Okkultismus = Geheimwissenschaft) des 19. Jh. Er erhielt eine Ausbildung zum katholischen Priester und auch die kirchliche Weihe. Als er begann, sich mit → Magie und → Kabbala zu beschäftigen, trat er in den Kreis um den → Freimaurer Charles Nodier ein, bei dem auch bekannte Schriftsteller des 19. Jh. wie Balzac, Gérard de Nerval, Théophile Gautier u.a. verkehrten. Levi hatte großen Einfluss auf eine Renaissance esoterischer Ideen, die Ende des 19. Jh. zur Bildung der Theosophischen Gesellschaft führten (→ Theosophie).
„In der Natur lebt eine Kraft, die nicht stirbt, und diese Kraft verwandelt die Wesen andauernd, um sie zu erhalten. Diese Kraft ist die Vernunft oder das zeitliche Wort des Menschen. Das Wort des Menschen ist die Kundgebung des → Willens, durch die Vernunft geleitet. Dieses Wort ist allmächtig, wenn es vernünftig ist, denn alsdann ist es gleich dem Worte Gottes. Durch das vernünftige Wort wird der Mensch der Eroberer des Lebens und er siegt über den Tod. … Um als Sieger die Erscheinung des Todes zu bekämpfen, muss man mit der Wirklichkeit des Lebens übereinstimmen …“ (Eliphas Levi 1981, 9)
Diese Sätze schrieb Eliphas Levi in seinem Erstling „Dogma und Ritual der Hohen Magie“, das 1854 erschien. Diese und andere Schriften hatten großen Einfluss auf nachfolgende magische und rosenkreuzerische Gruppen. Levi soll auch in Kontakt mit Edward Bulwer-Lytton gestanden haben, dessen Werke „Zanoni“ und „Vril“ (Name einer besonderen Energie, über die eine kommende Idealgesellschaft verfügen werde) ebenfalls maßgeblichen Einfluss in der okkulten Szene dieser Zeit hatten. In diesem Werk setzt Levi die Tradition der hermetischen Philosophie (→ Hermetik) fort, indem er zu ihrem Ursprung zurückkehrt und alle ihre bis dahin verschlossenen Lehren enthüllt. In seiner „Wissenschaft von den Geistern“ eifert er gegen das Tischerücken und gegen den → Spiritismus, den er so, wie er damals aufgefasst wurde, verabscheute: „Die Medien und Spiritisten sind wie Kinder, die mit brennenden Zündhölzern auf einem Fass voll Pulver spielen“ (Eliphas Levi).
Levi war der erste, der die 22 Hauptkarten des → Tarot mit dem hebr. Alphabet und der → Kabbala in Beziehung brachte und sie in seinem bedeutenden Werk „Der Schlüssel zu den großen Mysterien“ entsprechend interpretierte. Sein Schüler Papus baute auf den Lehren seines Meisters auf und verfasste neben einem grundlegenen Werk über die Kabbala auch das „Tarot der Zigeuner“, auf das sich die meisten neueren Tarot-Bücher stützen.
Magische Rituale (→ Magie), die verstorbene Geister materialisieren sollen, hielt Levi nach eigenen, schlechten Erfahrungen für gefährlich. Sein Weg war vielmehr, die geistigen Kräfte in sich selbst zu stärken; so wundert es nicht, dass Levi vor seinem Lebensende wieder der katholischen Kirche beitrat und seinen magischen Schriften abschwor.