Icaros

von Lexikon

Gesänge der Schamanen im peruanischen Amazonasgebiet in Heilritualen.

„Der Schamane Kajuyali Tsamani, Kolumbien, erzählte mir von seinem Lehrmeister, dem abuelo furnamilani, Schamane der Sikuani: ‚Mein maestro heilt nur mit Gesängen. Er kennt 10 000 Lieder, die für 10 000 verschiedene Dinge wirken: zur Heilung von Krankheiten, für Glück und Liebe und Erfolg, zum Schutz vor der Absicht meiner Feinde, gegen neidische Blicke, zum Unsichtbarmachen, zum Nicht-Alt-Werden – diese Lieder wirken heilend auf alle Angelegenheiten der Menschen, die sich nicht in der Harmonie mit dem Kosmos befinden’ …“ (persönliche Mitteilung von Nana Nauwald)

In den Heilritualen der Schamanen des peruanischen Dschungels sind die Gesänge, die Icaros, das heilende Werkzeug des Schamanen und so etwas wie sein persönliches „Energiefahrzeug“ während des Rituals zum willentlichen Verbinden der Welten. Die Icaros sind der höchste und wertvollste „Besitz“ des Schamanen, sie beinhalten sein Wissen und sind ein Zeichen seines Könnens, seiner Macht.

„Die Einfachheit des Textes der Lieder und auch der sich wiederholenden Melodien ist trügerisch und lässt für den westlichen Zuhörer keine Rückschlüsse auf Wissen und Macht des Schamanen zu. Die Icaros erzählen fast immer von bestimmten Pflanzen, Tieren oder der Landschaft. Auch christl. Heilige tummeln sich in den Texten. Es sind nicht die Worte und ihre Bedeutung, die den Icaro zu einem grundlegenden Bestandteil heilender Rituale in Amazonien machen. Es ist die Melodie und der Tatbestand, dass der Schamane oder Heiler sich mit dem Geist des Icaros verbindet. Die Icaros wirken so ähnlich wie die Mantras der nepalischen Schamanen: durch eine bestimmte Schwingung wirken sie auf den Energiefluss des Patienten und beeinflussen und verändern die organischen Funktionen. Ich vermute, es gibt für jedes Energiezentrum, jeden Energiefluss in unserem Körper einen ganz bestimmten Icaro mit einer nur für diesen Energiefluss zutreffenden Schwingung. Vielleicht ist der Icaro so etwas wie der Träger für eine Information, die heilend wirkt.“ (Nana Nauwald 2002, 161).

Siehe auch: → Mantrische Gesänge.

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